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Das Dritte Trimester - zwischen Vorfreude und Symphysengurt

Selig lächelnd sitzt mir im Yoga eine Mitschwangere gegenüber und streichelt ihren Bauch. Die Lehrerin motiviert uns in der Anfangsmeditation nochmal die Verbindung zu unserem Kind zu spüren und tief zum Kind zu atmen. Ich schaue mich um und sehe wie auch die anderen schwangeren Kursteilnehmerinnen die Hände auf den Bauch legen und lächelnd tief zum Baby atmen.

Mir gehen andere Gedanken durch den Kopf: ich bin wütend auf dieses Schwangerschaftsyoga, weil mir zum einen dieser selig lächelnden Blick nicht gelingen mag, zum anderen vermisse ich meine alte Yogastunde, in der mir zu dem Zeitpunkt normalerweise die Schweißperlen die Stirn runterliefen. Und dann rüge ich mich für meine Wut: ich bin ja dankbar, dass alles gut läuft, dass es dem Baby in meinem Bauch gut zu gehen scheint und eigentlich sollte ich so Gedanken gar nicht haben! Ich sollte selig lächelnd meine Schwangerschaft umarmen und an meinem Glow und Strahlen arbeiten.


Für das dritte Trimester habe ich mir ein neues "Schwangerschafts-wehwehchen" zugelegt. Eine Symphysenlockerung, die mittlerweile so schmerzt, dass ich mein vorheriges Konzept aktive Hummel-Schwangerschaft momentan nicht mehr ausleben kann.

Ich wuchte mich also jeden Morgen ordentlich schnaufend aus meinem Bett (in dem langsam so sämtliche Kissen des Hauses ihren Platz gefunden haben um mich schlafen zu lassen) schmeiße mich in meinen sexy Symphysengürtel und suche verzweifelt in meinem Kleiderschrank nach Klamotten, die nicht an ein Blumen-bemustertes Gruppenzelt erinnern. Und so beginnen die meisten Tage des dritten Trimesters irgendwie mit einem Mix zwischen Vorfreude auf die Zeit nach der Schwangerschaft und dem Verfluchen meines jetzigen Zustandes (und der Ermahnung an mich selber dankbar zu sein).


Zeitweise bin ich aber auch ganz versöhnt, wenn ich jetzt mit meiner Kugel unterwegs bin. Die Kugel wirkt wie ein Magnet auf die Menschen. Sie lächeln einem zu, öffnen sich und erzählen von ihren Schwangerschaftsgeschichten, sie stehen für einen auf und stellen neugierige Fragen.

Mein Bauch macht eine La-Ola-Welle, weil sich das Baby da drin bewegt und all die düsteren Gedanken sind weg und ich denke, was das für ein Privileg als Frau das auch wieder ist, so etwas erleben zu dürfen.




Garantiert bin ich nicht die einzige Schwangere weit und breit, die sich wahnsinnig drauf freut, Mama zu werden, aber die diesem Zustand schwanger zu sein, nicht immer das abgewinnen kann, was von unserer Gesellschaft so vorgelebt wird. Klar, Schwangerschaft an sich ist keine Krankheit, aber an manchen Tagen fühlt es sich trotzdem so an. Ein Stück weit gibt man seinen Körper auch an das Projekt "Schwangerschaft" ab und weiss zu Beginn des Projektes aber nichts von den Vertragsbedingungen.

Steht da in den Fußnoten etwas von Dehnungsstreifen, Sodbrennen, Kurzatmigkeit und Übelkeit geschrieben oder werden diese Nebenbedingungen bei mir ausgelassen?

Wie verändert sich mein Körper, wie sehe ich danach aus, werde ich mich je wieder wie "nur ich" fühlen?


All diese Unsicherheiten und Fragen sind völlig normal und sollten neben dem Schwangerschaftsglück genauso ihre Berechtigung haben. Ob man gerne oder ungerne schwanger ist, hat nichts damit zu tun, ob man eine gute oder schlechte Mutter wird, oder ob man gerne oder ungerne Mutter wird.

Neben den hormonellen Veränderungen nimmt auch jede Frau die Veränderungen ihres Körpers anders wahr, kann sie anders begrüßen oder akzeptieren. Die eine Frau marschiert quasi fast beschwerdefrei durch ihre 9 Monate, die nächste nimmt so jede Begleiterscheinung mit und wieder die nächste fühlt sich einfach fremd im eigenen Körper.

So oder so ist die Schwangerschaft eine vergleichbare kurze Zeit im Leben und das Geschenk Mama zu sein, wird einen dafür ein ganzes Leben lang begleiten.

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