Ein Fieberkrampf ist einer der Momente, die man als Eltern wohl nie vergisst. Das Leben bleibt für einige Sekunden oder Minuten stehen, das Herz setzt auf einmal aus. Denn obwohl ein Fieberkrampf in der Regel „harmlos“ ist, sieht er alles andere als harmlos aus. Denn aus dem Kind weicht jegliches Leben, es sackt entweder in sich zusammen oder fängt an zu zucken, Schaum, manchmal sogar blutig, bildet sich vor dem Mund, die Lippen werden blau und die Augen verdrehen sich nach oben. Ein albtraumartiges Bild für alle Eltern.
Nun aber einmal von vorne:
Wieso entsteht ein Fieberkrampf?
Um es kurz zu machen: Ganz genau wissen wir das nicht. Es gibt wie sooft verschiedene Theorien. Wir wissen, dass die Gene eine Rolle spielen. Wir wissen, dass bestimmt Infektionen wie die mit dem Virus des Drei-Tages-Fiebers (HHV6) häufiger zu Fieberkrämpfen führen als andere. Auch Impfungen wie zum Beispiel die MMRV Impfung gehen mit einer erhöhten Fieberkrampf-Wahrscheinlichkeit einher.
Vermutlich führt der schnelle Temperaturanstieg dazu, dass das Kind einen Fieberkrampf erleidet.
Die absolute Höhe des Fiebers ist also nicht ausschlaggebend und es gibt keinen Grund bei besonders hohem Fieber vermehrt Sorgen vor einem Fieberkrampf zu haben.
Oft tritt ein Fieberkrampf am ersten Tag einer Infektion auf, wenn wir als Eltern oft noch gar nicht bemerkt haben, dass das Kind fiebert. Umso größer kann der Schreck sein.
Wichtige Unterscheidung : einfacher und komplizierter Fieberkrampf
Von einem einem einfachen Fieberkrampf spricht man, wenn:
Das Kind zwischen 6 Monaten und 5 Jahren alt ist
Der Fieberkrampf generalisiert ist (also zb. nicht einseitig)
Er kürzer als 15 Minuten dauert
Er einmalig innerhalb von 24 Stunden auftritt
Das Kind anschließend neurologisch unauffällig ist
Und das Fieber nicht durch eine Hirnhaut/Hirnentzündung hervorgerufen wird
Von einem komplizierten Fieberkrampf spricht man
Wenn es sich um ein fokales Geschehen handelt
Er länger als 15 Minuten dauert
Und es zu mehrfachem Krampfgeschehen innerhalb von 24 h kommt
Von einem sogenannten Status spricht man, wenn:
Das Krampfgeschehen länger als 30 Minuten dauert.
Werden alle Fieberkrämpfe von Fieber ausgelöst?
Die meisten Kinder entwicklen einen Fieberkrampf am ersten Tag ihrer Infektion. Die Höhe des Fiebers ist NICHT entscheidend; man geht vielmehr davon aus, dass der schnelle Temperaturanstieg zu dem Krampfgeschehen führt.
Wenn eine familiäre Häufung vorliegt, so entwickeln ein Drittel aller Kinder, die einen Fieberkrampf erlebt haben, einen zweiten Fieberkrampf. Das ist auch der Grund dafür, dass wir den Eltern nach dem ersten Fieberkrampf gerne ein Notfallmedikament mit nach Hause geben, denn:in einem Drittel aller Fälle wiederholt sich das Phänomen. Das ist zwar ein komisches Gefühl, vor allem bei der nächsten Fieberepisode des betroffenen Kindes. Aber: der zweite Krampfanfall jagt einen garantiert nicht mehr den Schreck ein, den man beim ersten Krampfanfall erleben musste. Man weiss zumindest schon mal, womit man es zu tun hat.
Auch andere Faktoren sind mit einer Wiederholungswahrscheinlichkeit assoziiert: ein eher junges Alter beim erstmaligen Auftreten eines Fieberkrampfes (also zwischen 12 und 24 Monaten) , ein schnelles Einsetzen des Fieberkrampfes nachdem sich das Fieber entwickelt hat und eine niedrige fiebrige Körpertemperatur während des Fieberkrampfes.
Ein komplizierter Fieberkrampf tritt am wahrscheinlichsten beim ersten Krampfereignis auf.
Wenn dein Kind unter Fieberkrämpfen leiden sollte, ist die Wahrscheinlichkeit für eine Epilepsie höher?
Bei Kindern (ohne Fieberkrampfgeschichte) liegt die Prävalenz für eine Epilepsie bei 1 Prozent. Bei Kindern mit Fieberkrampf in der Geschichte ist die Prävalenz höher- und zwar liegt sie bei 2 Prozent. Kinder, die einen komplizierten (siehe oben) Fieberkrampf erlebt haben, neigen vermehrt zu der Entwicklung einer Epilepsie. Was für eine Art von Fieberkrampf dein Kind erlebt hat, ist also entscheidend für die Epilepsie-Prognose.
Auch wenn es anders auf uns wirkt: der Fieberkrampf selber löst keine neurologischen Schäden bei deinem Kind aus. Ein Fieberkrampf führt NICHT dazu, dass Nervenzellen zerstört werden. Fun Fact: Fieberkrampf Kinder besuchen sogar etwas häufiger das Gymnasium als Kinder, die noch nie einen Fieberkrampf erlebt haben.
Wenn Fieberkrämpfe meistens harmlos sind, warum wird mein Kind dann trotzdem ins Kinderkrankenhaus gebracht?
Richtig- Fieberkrämpfe sind in aller Regel harmlos. Doch Ausnahmen bestätigen die Regel und diese Ausnahmen sollten von einem Kinderarzt erkannt werden. Zum Beispiel kann auch eine Hirnhautentzündung zu einem Fieberkrampf führen und diese gehört unbedingt sofort behandelt.
Weil wir während des Fieberkrampfes auch nie wissen, wie lange dieser dauert, sollte immer der Rettungsdienst verständigt werden.
Komplizierte Fieberkrämpfe
Komplizierte Fieberkrämpfe laufen anders ab ein unkomplizierte Fieberkrämpfe.
Man spricht von einem komplizierten Fieberkrampf, wenn der Krampfanfall länger als 15 Minuten dauert. Wenn das Kind mehr als einmal in 24 Stunden krampft. Und wenn es sich um ein sogenanntes fokales Geschehen handelt. Damit meint man, dass sie an einer bestimmten Stelle im Gehirn ausgelöst werden und oft eine asymmetrische Form des Anfalls zeigen, also zum Beispiel, dass beim Krampfanfall nur die rechte Körperhälfte betroffen ist. Außerdem sprechen wir von einem komplizierten Fieberkrampf, wenn das Kind jünger als sechs Monate oder älter als 5 Jahre ist.
Ein Drittel bis ein Viertel aller Fieberkrämpfe fällt in diese Kategorie.
Dass ein Kind einen komplizierten Fieberkrampf erleidet, muss auch erst mal gar nichts heissen.
Damit wir das aber mit Sicherheit sagen können, schauen wir in der Kindermedizin bei komplizierten Fieberkrämpfen etwas genauer hin. Denn: es kann eine organische Ursache zugrunde liegen. Komplizierte Fieberkrämpfe sind mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für eine spätere Epilepsieentwicklung verbunden.
Nach einem komplizierten Fieberkrampf wird der Kinderarzt eine EEG-Untersuchung durchführen, bei der die Hirnströme gemessen werden können (am besten oft 2 Wochen nach dem Anfall).
Ein komplizierter Fieberkrampf verursacht keinen Hirnschaden. Erst beim sogenannten fieberhaften „Status“, also wenn ein Kind über 30 Minuten krampft, kann das einen Schaden auf das Gehirn nehmen.
Die Wahrscheinlichkeit nochmals einen Fieberkrampf nach einem komplizierten Fieberkrampf zu erleiden, ist gering erhöht gegenüber der Wahrscheinlichkeit nach einem einfachen Fieberkrampf. Die betroffenen Eltern werden in der Gabe eines Notfallmedikaments geschult und es wird ihnen geraten, dieses beim nächsten Krampfanfall nach drei Minuten Krampfdauer zu geben.
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