Das gefährlichste Tier Deutschlands ist die Zecke. Zecken sind blutsaugende Parasiten und gehören zu den Spinnentieren. Sie leben genauso gerne im Wald wie auf dem kurz geschorenen englischen Rasen. Zecken brauchen eine Mindestumgebungstemperatur von 5 Grad Celsius, das heißt also, dass sie aufgrund der Klimaerwärmung bis auf wenige kalte Monate fast ganzjährig anzutreffen sind.
Das Leben einer Zecke besteht im Wesentlichen aus Lauern und Warten. Zecken erkennen ihre Opfer an Erschütterungen, der Körperwärme und Duftstoffen. Sie besitzen das Haller’sche Organ, über das sie Gerüche wahrnehmen. Ammoniak, Buttersäure, Kohlenmonoxid – das zieht Zecken an. Mit der „Süße des Bluts“ hat ein Zeckenstich nichts zu tun.
Die allgemeine Zecke lauert also auf ein Tier oder ein Mensch, der so nah an ihre vorbeiläuft, dass sie abgestreift wird und sie sich dann an ihrem Opfer festhalten kann. Zecken springen nicht von Bäumen auf ihre Opfer, wobei ich die Vorstellung davon lustig finde.
Die Zecke kann dann erst einmal ein paar Stunden auf dem Körper ihres Opfers verweilen, bis sie eine geeignete Stichstelle gefunden hat. Am liebsten hat die Zecke dabei eine feuchtwarme Körperstelle, an der die Haut nicht zu dick ist und sticht deswegen am liebsten in Leiste, Achselhöhle, Kniekehle oder am Haaransatz.
Zecken übertragen Krankheiten. Weniger häufig als angenommen, aber trotzdem sind die übertragenden Krankheiten kein Schnupfen. Die Viren der FSME sind im Speichel der Zecke. In dem Moment, in dem sie sich festbeißt, können sie schon übertragen werden.
Die Bakterien der Borreliose sitzen im Darm der Zecke und werden erst nach ein paar Stunden übertragen.
Je nach Region tragen laut Robert Koch-Institut zwischen 5 und mehr als 35 Prozent der Zecken Borrelien in sich. Im Schnitt beträgt die Wahrscheinlichkeit, sich nach einem Zeckenstich mit Borrelien zu infizieren, 1,5 bis 6 Prozent. Auch in den FSME-Risikogebieten Deutschlands sind nur wenige Zecken mit dem FSME-Virus infiziert, im Mittel tragen in FSME-Risikogebieten 0,1% bis 5 % der Zecken FSME-Viren in sich.
FSME:
FSME-Infektionen sind selten. Jährlich gibt es in Deutschland ca. 300 Fälle, wobei die Hälfte der Erkrankten in Bayern auffallen und über 90 Prozent der Patienten erwachsen sind.
Wer also überlegt seine Kinder zu impfen, sollte bei sich selbst erst einmal anfangen (FSME Impfung bei Kindern zugelassen ab 1. Geburtstag, in der Regel empfohlen ab drei Jahren). Auch wenn Kinder seltener erkranken, sind sie doch einem Risiko ausgesetzt: denn Kinder haben einfach häufiger Zecken als wir Erwachsene. Je jünger das Kind ist, desto häufiger wird die FSME Impfung mit Fieber quittiert, bei den ein- bis zweijährigen Kindern reagieren 15% der Kinder mit Fieber, bei den über dreijährigen Kindern 5% mit Fieber.
Die Impfentscheidung kann man gemeinsam mit dem Kinderarzt treffen. Wenn du dich schon mal informieren möchtest, ob du in einem FSME Risikogebiet lebst, gibt es extra Google Maps FSME Karten.
Kinder erkranken insgesamt weniger schwerwiegend als Erwachsene. Trotzdem: FSME kann Entzündungen der Hirnhaut, des Gehirns und neurologische Folgeschäden verursachen, also ist damit nicht zu spaßen.
Borreliose:
Über die Borreliose könnte ich ganze Bücher schreiben. Denn es ist wieder so eins der Themen, um das sich diverse Fake News ranken. Und sorgenvolle Eltern in die Irre geführt werden. Warum? Weil die Diagnose Borreliose mittlerweile ein ganz schönes Geschäft geworden ist und die Einkommensquelle von verschiedenen Industriezweigen darstellt. Es lohnt sich also, hier einmal genauer hinzuschauen.
Aber nun einmal von vorne:
Je länger eine Zecke an deinem Kind hängt, desto höher wird auch die Wahrscheinlichkeit, dass Borrelien aus dem Darm der Zecke in das Blut deines Kindes wandern können.
Unter 24h Blutmahlzeit ist die Übertragung noch relativ unwahrscheinlich und steigt danach an. Deswegen: immer schön jeden Abend den Körper absuchen und gegebenenfalls entfernen (nicht warten bis es am nächsten Morgen der Kinderarzt macht). Bitte auch keine Panik, wenn du eine Zecke findest. Wir erinnern uns: nur bei 0,3 bis 1,4 % der Zeckenstiche kommt es zu einer klinisch manifesten Erkrankung.
Die Symptome der Borreliose können dabei sehr unterschiedlich sein und reichen von beschwerdefreien Infektionen über eine Beteiligung der Haut, der Gelenke oder des Herzens bis zu akuten und chronischen Erkrankungen des Nervensystems. Ob es zu Krankheitserscheinungen (Symptomen) kommt und wenn ja, zu welchen, hängt von der Abwehrreaktion deines Kindes ab.
Sollte man eine Borrelieninfektion übersehen, so kann es trotz guter Immunreaktion sein, dass die Borrelien sich monate- oder jahrelang im Blut deines Kindes vermehren und dort auch Jahre später zu Symptomen führen können. Und ja, ich gebe zu: diese Vorstellung ist gruselig und macht Angst.
Gottseidank machen sich die Borrelien aber häufig früher bemerkbar und hier solltest du als Mama wachsam sein:
Wenn du bei deinem Kind eine Wanderröte entdeckst (typischen ringförmigen Rötung, deren Durchmesser anwächst, die Tage oder Wochen nach dem Zeckenstich entsteht), solltest du postwendend zum Kinderarzt und dein Kind antibiotisch behandeln lassen. Leider ist es noch ein bisschen komplizierter: Die Wanderröte muss nicht immer aussehen wie eine Schießscheibe, sie kann auch „atypisch“ verlaufen. Also bei komischen Hauterscheinungen (3 bis 30 Tage nach dem Stich) deines Kindes ab zum Kinderarzt und lieber mal zeigen. Gar nicht so selten entdecken Eltern auch eine Wanderröte „ohne“ Zeckenstich. Auch hier zum Kinderarzt. Es gab höchstwahrscheinlich einen Zeckenstich, den man einfach nicht bemerkt hat.
Die Wanderröte ist übrigens prima antibiotisch zu behandeln.
Auch dicke rote Ohrläppchen oder Brustwarzen nach Zeckenstich sollte sich der Kinderarzt ansehen.
Wochen bis 6 Monate nach Zeckenstich kann es zu einer Neuroborreliose kommen. Die äußert sich bei Kindern typischerweise mit einer Lähmung im Gesicht. Monate oder Jahre später kann es bei ca. 5 % der Kinder zu einer Gelenkbeteiligung kommen. Und auch hier sollte man unbedingt an eine Borreliose denken. Diagnostizieren und bei Bedarf behandeln.
Ich möchte dich aber von einem Trend warnen:
In unserer Gesellschaft entwickeln auch unsere Kleinsten immer häufiger chronische Symptome wie Kopfschmerzen, Konzentrationsstörungen, schlechte Stimmung etc.
Es gibt leider Heilpraktiker, Laboratorien und Ärzte die mit der Diagnose „chronische Borreliose“ vermeintlich den Schlüssel zu jahrelangem Leid gefunden haben.
Bei Kindern ist allerdings die Diagnose einer „chronischen Borreliose“ umstritten. Weil die Diagnose der Borreliose schwierig ist und die Borreliose tatsächlich viele Gesichter haben kann, lässt die Erkrankung Spielraum für Spekulationen und Fehldiagnosen.
Vor allem warnen möchte ich vor folgender Diagnostikmethoden:
- Lymphozyten‐Transformationstest (LTT) kann zum Beispiel auch anschlagen, wenn Patienten nie mit dem Erreger Kontakt hatten. Obwohl im Blut der Betroffenen keine Antikörper gegen Borrelien nachzuweisen sind, bescheinigt dieser Test manchen Patienten eine chronische Krankheit.
- Test auf eine Subpopulation natürlicher Killerzellen (CD571, CD32): keine Aussagekraft
- Wissenschaftlich umstritten ist der ELISOSPOT
- Abzuraten ist außerdem von dem Visual-Contrast-Sensitivity-Test“ (VCS)
Was leider immer häufiger passiert ist dann Folgendes: die Eltern sind erleichtert, endlich einen Grund für die ständigen Kopfschmerzen/Konzentrationsprobleme ihres Kindes gefunden zu haben und das Kind hat nun endlich einen Namen: chronische Borreliose. Damit ist oft leichter umzugehen, als nach tieferliegenden Ursachen zu suchen. Der diagnostizierende Arzt ist der Held. Und behandelt ein Kind manchmal MONATELANG antibiotisch. Das kann für das Kind sogar lebensgefährlich werden.
Eine Borreliose (sollte sie denn bestehen) wird bei Kinder 2- maximal 4 Wochen AUSREICHEND behandelt.
Was tun, wenn du eine Zecke bei deinem Kind entdeckst?
Einmal tief durchatmen, ich weiß, die Dinger sind eklig. Du tust aber deinem Kind den größten Gefallen, wenn du sie selber entfernst. Denn je schneller die Zecke entfernt wird, desto geringer ist das Infektionsrisiko. Die Borrelien brauchen in der Regel einige Stunden bis sie aus dem Darm der Zecke in das Blut gewandert sein, bei FSME, was im Speichel der Zecke sitzt, kann es schneller gehen. In der Kindernotaufnahme oder beim Kinderarzt wirst du deswegen aber trotzdem nicht priorisiert werden, denn da werden in der Regel fiebrige Kinder vorgehen. Also trau dich!
Eine Zecke zu entfernen, ist keine Wissenschaft. Die Zecke ist kein kompliziertes Schraubengewinde, was nur in einer Richtung gedreht werden darf, um sich aus dem Körper zu lösen. Der Schlüssel liegt darin, LANGSAM zu ziehen. Die Zecke braucht ein bisschen, bis sie „loslässt“. Am besten ruckelst du dabei noch leicht hin und her. Dummerweise sind die Zecken am liebsten in irgendwelchen winkeligen Körperstellen wie in der Leiste, hinterm Ohr oder am Haaransatz, bei denen volle Konzentration und Ruhe gefragt ist. Deswegen empfehle ich mal ausnahmsweise: setz dein Kind vor Paw Patrol oder lenke es gut ab, denn es sollte so ruhig wie möglich sein (auch deswegen ist der Kinderarzt nicht der beste Zeckenentferner).
Zum Entfernen kannst du eine handelsübliche Pinzette benutzen. Wenn du gar nichts zur Hand hast und ihr gerade in der freien Natur unterwegs seid, tun`s auch mal die Fingernägel. MAN KANN EINE ZECKE NICHT FALSCH ENTFERNEN, NUR ZU SPÄT. Oder du benutzt eine Zeckenzange, eine Zeckenkarte oder ähnlich professionelles Equipment. Am leichtesten geht es, wenn man die Zecke möglichst knapp an der Hautoberfläche zum Greifen bekommt. Wovon du die Finger lassen solltest sind Öle, Nagellack, Alkohol oder Kleber. Die Zecke weiß, dass diese Substanzen ihr bitteres Ende bedeuten könnten und übergibt sich erst mal spontan vor lauter Panik in das Blut deines Kindes und wenn es blöd läuft, erbricht die FSME oder Borreliose gleich mit.
Nachdem du die Zecke entfernt hast, kannst du einmal den Stich kurz desinfizieren. Eine Zecke kommt selten allein: bevor du dir jetzt den verdienten Wein aufmachst, weil du so tapfer die Zecke entfernt hast, schaust du am besten noch einmal ob sich noch ein weiteres Mistviech auf dem Körper deines Kindes befindet. Dafür das Kind nackt ausziehen und den ganzen Körper einschließlich der behaarten Kopfhaut absuchen.
Die Zecke selbst muss nicht aufbewahrt und eingeschickt werden. Die Mühe kannst du dir sparen, denn es macht uns erst mal nicht schlauer. Erstens ist ein Großteil der Zecken ohne Borreliose und FSME. Zweitens: selbst wenn die Zecke ein potenzieller Überträger ist, wissen wir danach immer noch nicht, ob sie den Erreger übertragen hat. Was du aber tun kannst, ist das Ereignis nicht zu verdrängen, sondern es dem Kinderarzt weitergeben, wenn dein Kind Symptome entwickeln sollte, die durch einen Zeckenstich zu erklären sind.
Zecke entsorgen: nun kommt es auf deine Vorliebe an: du solltest nach Entfernen der Zecke dafür sorgen, dass diese nicht mehr weiter ihren Schabernack treiben kann. Da sind deiner Fantasie keine Grenzen gesetzt: du kannst sie verbrennen, kannst sie in Küchenrolle einpacken und zerquetschen oder sie in Desinfektionsmittel einlegen. Sie sollte auf jeden Fall unschädlich gemacht werden.
Ich habe schon Eltern erlebt, die zu ins in die Notaufnahme kamen, weil Reste der Zecke in der Haut hängen geblieben sind: keine Panik! Es kommt immer wieder vor, dass man die Zecke nicht komplett erwischt. Meistens sind das nur Reste des Stechapparats, nicht etwa der Kopf der Zecke. Hinsichtlich der Übertragung von Borrelien oder FSME-Viren sind die verbleibenden Zeckenteile ungefährlich. Oft stößt der Körper die Fremdkörper mit der Zeit von alleine ab.
Der Stich darf einige Tage gerötet und auch leicht geschwollen sein. Trotzdem solltest du den GESAMTEN Körper deines Kindes in den nächsten 6 Wochen beobachten: wenn sich eine Wanderröte zeigt (und zwar ist das überall am Körper möglich), dann ab zum Kinderarzt. Da könnten Borrelien dahinterstecken. Mehr zu Borrelien erfährst du in den nächsten Tagen bei kinderleibundseele.
Wie beuge ich einem Zeckenstich vor?
1.) Zieh deinem Kind helle Kleidung an, die den Körper vollständig bedeckt. Durch die helle Kleidung können Zecken leichter zu entdecken sein. Nicht sehr modisch, aber hilfreich ist es auch die Socken über die Hosenbeine zu ziehen. Festes Schuhwerk.
2.) Nach jedem Ausflug in die Natur Körper-Check. Einmal das komplette Kind nach Zecken absuchen und zwar auch in den Leisten, Kniekehlen und am behaarten Kopf.
3.) Das Ding mit Insektenschutzmittel und Kindern:
Insektenschutzmittel können Zecken abhalten.
- Nur Achtung: Hier solltest du genauer hinschauen, ab welchem Alter du eins verwendest und welches.
- Insektenschutzmittel sollten generell nicht im ersten Lebensjahr verwendet werden. Dein Kind hat einfach zu häufig die Hände im Gesicht und so kommen die Wirkstoffe an die Schleimhäute- da gehören sie aber auf keinen Fall hin. Außerdem können allergische Reaktionen verursacht werden.
- Wenn dein Kind alt genug für ein Zeckenmittel wie Autan Protection Plus oder Anti Brumm Zecken Stopp ist (unbezahlte Markennennung), dann bitte alle 4 Stunden nachsprühen.
- Ausnahmeweise sind hier pflanzliche Insektenschutzmittel keine Alternative: diese werden auf Basis ätherischer Öle hergestellt, sind unwirksam und reizen die Schleimhäute und Augen
- DEET: sicher die effektivste Variante. Nur in den Tropen nötig. Frühestens ab einem Alter von 3 Jahren verwenden. DEET ist schleimhautreizend, wird über die Haut aufgenommen und kann unerwünschte Wirkungen auf das Nervensystem entfalten
- Icaridin: ab einem Alter von 2 Jahren anzuwenden. Weniger Wirkung aber auch Nebenwirkungspotenzial
- EBAAP: gute Verträglichkeit, gegen Wespen, Bienen und Sandmücken wirksam. Anwendung nach dem ersten Lebensjahr möglich. Bitte aber auch hier auf die Aufschrift: für Kinder verträglich achten (denn die Wirkstoffkonzentrationen können sich erheblich unterscheiden).
- Kokosfett-, Caprin- und Laurinsäure. Zwar ist die Wirkdauer kürzer als bei herkömmlichen Insektenschutzmittel, sie sind aber aufgrund ihrer guten Hautverträglichkeit auch für die Anwendung bei Kindern und Babys geeignet. Manche Fettsäuren, zum Beispiel Laurinsäure, verfügen ebenfalls über eine Wirkung gegen Zecken.
- Die Entscheidung, welches Insektenschutzmittel man seinem Kind „antut“, hängt generell auch einfach von dem Land ab. Hier in Deutschland sind Mücken nervig aber nicht gefährlich, in den Tropen können Mücken ernstzunehmende Gefahren bedeuten.
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